Partizipation

Kristina Oldenburg über Kommunikation und Mediation im Wettbewerbswesen

Kristina Oldenburg ist Diplom-Ingenieurin für Stadtplanung, Geschäftsführerin von KOKONSULT und Vorstand der Architektenkammer Rheinland-Pfalz.

Foto: Kirsten Bucher, Frankfurt/Main

Können Sie uns zunächst etwas über Sich und Ihre Arbeit bei Kokonsult erzählen?

Sehr gerne. Mit meinem Hintergrund als Diplom-Ingenieurin für Stadtplanung und meiner Position im Vorstand der Architektenkammer Rheinland-Pfalz habe ich eine klare Vision für die Wettbewerbsbetreuung. Ein zentrales Anliegen ist für mich die Transparenz und Diskussionsfähigkeit, um Projekte für alle Beteiligten zugänglich zu machen.

Ich habe Kokonsult 2002 gegründet, um mich mit partizipativen Prozessen in der Stadtplanung zu beschäftigen. Mein Ziel ist es, Beteiligungsverfahren zu etablieren, die sowohl nachhaltig als auch menschenzentriert sind und in denen Konflikte frühzeitig erkannt und besprochen werden. Unsere Beteiligungsverfahren beruhen auf einem kreativen und mediativen Ansatz, zwei Aspekte, die uns helfen, Perspektiven zu öffnen, welche uns zu neuen, tragfähigen Lösungen führen.

Was sind die 3 Zutaten für einen erfolgreichen partizipativen Prozess?

Es beginnt mit einer präzisen Analyse der Themen und Akteure. Hier nutzen wir etwa eine „Heatmap“, um zu erkennen, wo besonders intensive Konflikte zu erwarten sind. Die Transparenz in der Kommunikation ist der zweite entscheidende Punkt. Bauvorhaben betreffen immer auch die Öffentlichkeit, und wir stehen in einer Verantwortung, die verschiedenen Interessen so früh wie möglich abzuwägen. Zuletzt geht es darum, die Bedürfnisse der Beteiligten ernsthaft zu verstehen. Eine fundierte Analyse des Kontexts hilft uns, die richtigen Fragen zu stellen und die Ziele im Einklang mit den tatsächlichen Bedürfnissen zu entwickeln.

Wie schaffen Sie es, dass die Bevölkerung Interesse an den Beteiligungsprozessen zeigt? Gerade in Zeiten, in denen Politikverdrossenheit ein großes Thema ist?

Das stimmt, es ist eine Herausforderung. Oft sind es die gleichen, die an partizipativen Veranstaltungen teilnehmen. Ein Schlüssel ist es, die Menschen gezielt anzusprechen und ihnen zu zeigen, dass ihre Perspektive geschätzt wird. In einigen Städten, beispielsweise in Hamburg oder Freiburg werden regelhaft zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger in politische und planerische Entscheidungsprozesse einbezogen.

Durch die gezielte Einladung verschiedener Menschen erreichen wir ein möglichst großes Spektrum der Gesellschaft. Damit wird sichergestellt, dass nicht nur jene mit den lautesten Stimmen Gehör finden. Eine Wertschätzung der Menschen und eine offene Kommunikation sind essenziell für die Stabilisierung und Entwicklung demokratische Gesellschaften.

Das kann mit ganz einfachen Mitteln realisiert werden. Mit der Art des Veranstaltungsformats, dem Ort, wo Menschen sich willkommen fühlen oder auch ein kleiner gut ausgewählter Snack. Vor allem aber geht es darum, dass in der Sache die Interessen so aufgenommen und verarbeitet werden, dass die Beteiligten Ihre Beiträge und Ideen im weiteren Prozess wiederfinden.

Dies führt auch zu mehr Verständnis für die Prozesse in der Verwaltung und die Entscheidungsfindung in den politischen Gremien. Menschen verbinden sich damit ganz anders mit Ihrer Kommune oder ihrer Stadt. Es ist eine Frage der Beziehungskultur, die aufgebaut und gepflegt wird.

„Wir müssen verstehen, wer wann im Projekt wichtig ist und welche Interessen vertritt“

Gibt es Ansätze, die speziell Jugendliche zur Partizipation motivieren?

Auf jeden Fall. Wir dürfen Jugend nicht als homogene Gruppe betrachten. Es ist eine soziologische Betrachtung. Je nach Stadtteilen, Schulformen und sozialem Umfeld bringen Jugendliche ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Perspektiven mit. Auch hier ist es wieder so, dass wenn Jugendliche fühlen , dass man sich für ihre Sichtweisen interessiert und ihre Meinung ernsthaft gefragt ist, steigt die Bereitschaft, sich einzubringen.

Wir gehen dorthin, wo Jugendliche gerne sind, die sie mögen. Im Sommer beispielsweise nicht in die Schule, sondern in Schwimmbäder, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Es geht darum, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie sich wohlfühlen.

Gibt es ein Beispiel, bei dem es besonders gut gelungen ist, Politik und Öffentlichkeit zusammenzubringen?

Ja, wir hatten ein Stadtentwicklungsprojekt, bei dem eine Bürgerinitiative gegen eine Bebauung protestierte. Der zuständige Dezernent initiierte daraufhin ein mediatives Verfahren, um einen Dialog zu schaffen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Durch eine Stellvertretendengruppe und den Wechsel zwischen Gruppen- und Einzelgesprächen mit den Beteiligten konnte Vertrauen aufgebaut werden.

Das Konzept der Mediation mit dem Herzstück des Perspektivwechsels half die Interessen zu verstehen und am Ende eine Planung entwickeln, die alle akzeptieren konnten. Solche Prozesse zeigen, wie wichtig es ist, politische und öffentliche Interessen frühzeitig zu integrieren und auf einen (kleinsten) gemeinsamen Nenner zu bringen. Es geht nicht darum, alle glücklich zu machen. Es geht darum, miteinander zu verstehen, wie letztlich das Gemeinwohl organisiert und umgesetzt werden kann.

„Wir müssen die Teilnehmer ernst nehmen und Ihre Ideen wertschätzen“

Vielen Dank für diesen Einblick! Abschließend: Gibt es etwas, das Sie jungen Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, mit auf den Weg geben möchten?

Mein Rat wäre, mutig und offen zu bleiben. Wir kommen nicht mit den gleichen Mitteln an neue Orte. Arbeitsprozesse und Beziehungskultur, partizipativ integrierte Strategien sind weiter zu entwickeln. Der Schlüssel zu guten Projekten liegt darin, gute Fragen zu stellen, die wirklich Substanz haben und sich nicht mit Standardprozessen zufriedenzugeben. Die Zukunft der Stadtplanung liegt in partizipativen Ansätzen, die Organisation, Politik und Öffentlichkeit zusammendenken. Und dafür braucht es die Bereitschaft, Altbewährtes infrage zu stellen und nachhaltige Werte in den Mittelpunkt zu rücken.

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